Violet Evergarden. Ich habe zuvor noch nie wirklich über einen Animu geschrieben, doch Kyoto Animations neustes Werk hat mich doch sehr bewegt. Aus welchem Grund? Findet es heraus (*~・ω・)~.
Ich möchte weder den fantastischen Style, die wunderschöne Animation, noch den Mut einer Hauptfigur mit autistischen Zügen, in den Mittelpunkt stellen. Darüber wurde bestimmt schon mehr als genug diskutiert. Was mich sehr nachdenklich, und auch etwas traurig, gestimmt hat, war etwas, das ich fast schon vergessen hatte. Die Macht von Briefen. Das gepaart mit dem schnelllebigen Medium Netflix, auf dem Violet im Westen erstmals exklusiv erschien, ist fast schon ein Widerspruch in sich.
Wie geht es euch da? Ich muss da schon etwas wehmütig zurückdenken. Die ersten Briefe an Gleichgesinnte in der Republik, natürlich Liebesbriefe, oder sogar im schlechten englisch adressierte Brieffreunde im Ausland. Das war zurückblickend schon etwas Besonderes. Natürlich war es damals auch Mittel zum Zweck: Ein Telefonat in ein anderes Bundesland hatte ein kleines Vermögen gekostet (*∩ω∩). Doch man hat sich schon wesentlich mehr Mühe gegeben etwas zu schreiben. Von der freudigen Hoffnung, in den nächsten Tagen oder Wochen eine Antwort zu bekommen, ganz zu schweigen.
Der Faktor Zeit spielte später mit den E-Mails keine Rolle mehr, es fühlte sich damals sehr futuristisch an nicht mehr auf den Postweg angewiesen zu sein. Aber heute? Schreibt ihr noch richtige Texte in Mails an Freunde?
Für mich sind inzwischen von allen Push-Nachrichten, die ich bekomme, E-Mails diejenigen, die ich am wenigsten beachte. Was landet im Postfach noch? Richtig, genau dasselbe wie in dem Briefkasten vor der Tür: Bestellbestätigungen, Rechnungen, und Werbung. Selber aktiv wird man doch nur noch, wenn es mal eine Reklamation oder es eine Frage zu einer Sache gibt. Etwas Persönliches? Fehlanzeige.
Alles geht nur noch über Line, WhatsApp, oder sonstige Social-Media-Dienste. Manchmal macht die Autokorrektur die Sache besser, manchmal muss man raten was das Wort heißen könnte. Oft wischt man nur noch instinktiv auf dem Touchscreen seines Smartphones rum, während man mit 4 Leuten gleichzeitig schreibt. Meine Rechtschreibung war noch nie die Beste, von der Satzzeichensetzung will ich gar nicht erst anfangen ╮(︶﹏︶“)╭. Über den kleinen Blog den wir hier hin und wieder mit Texten füllen, bin ich manchmal schon sehr froh. Wenn man schon 10 Jahre aus der Schule raus ist, verlernt man mehr als einem lieb ist. So fand ich die Arbeit von den Auto Memory Dolls in Violet Evergarden, welche die Gefühle der Menschen zu Papier bringen, gar nicht so weltfremd, auf unsere heutige Zeit bezogen.
Das „Fire & Forget“, wie wir inzwischen Texte in unsere Touchscreens hauen, lässt sich auch auf die Art übertragen, wie wir mehr und mehr Medien konsumieren. Netflix ist wahrscheinlich das größte Sprungbrett, das der Anime sich im Westen hätte wünschen können. Gerade mit Serien wie Violet Evergarden sieht ein großes Publikum, dass viele der Vorurteile falsch sind, und es mehr gibt als nur Naruto und Tentakel-Hentai.
Durch die Bequemlichkeit konsumieren wir viel mehr als noch vor 5 Jahren, aber was bleibt davon im Kopf hängen? Das ist genau wie mit den Games, die ich mir digital gekauft habe, weil es nicht anderes ging, und davon „besitze“ ich einige. Doch verpufft der Gedanke an diese Spiele immer sehr schnell. Wenn eine Serie aus der Watchlist verschwindet, dauert es auch nicht lange bis sie sich in meinem Kopf langsam auflöst. Es kommen so viele qualitativ hochwertige Serien, und auch immer mehr eigenproduzierte Filme von den Streaming-Diensten, heraus, dass es schier unmöglich ist alles zu glotzen, was einem gefallen könnte. Immer schneller verliert man den Bezug zu einer Serie. Zu einem Anime, oder Film, den ich mir normal physisch gekauft habe, habe ich eine andere Bindung. Sogar als Pirat damals, wo mal der Torrent von der 4. Episode der Serie XY down war, und man mühsam im Netz nach Ersatz suchen musste, war durch diese Arbeit die Sache langlebiger im Kopf (。 >艸<).
Hier beginnt der Konflikt: Ähnlich wie Briefe keine große Rolle mehr in unseren Leben spielen, geht es der Langlebigkeit von Serien gefühlt genauso. Was ist, wenn Disney demnächst seinen eigenen Streaming-Dienst aufmacht, und dann bei Netflix die Dare Devil Lizenz ausläuft? Ist es wichtig etwas nicht mehr sehen zu können, wenn der Überfluss so groß ist? Vom eigentlichen Kaufen als physisches Medium können wir uns gerade bei Serien wohl immer mehr verabschieden. Was im Falle von Violet Evergarden sehr schade wäre (╥﹏╥).
Wie seht ihr das? Vermisst ihr es schon ein bisschen auf Kontaktanzeigen aus der Maniac oder Animagic mit Briefen zu antworten? Kennt ihr dieses Zeitalter überhaupt noch, oder trauert ihr mit Social Media und euren WhatsApp/Line-Gruppen dem Papier keine Träne nach? Wie viele verschiedene Streaming-Dienste habt ihr im Abo, und seid ihr froh das ich euch immer weniger Serien kaufen müsst, oder steigt euch das große Angebot langsam über den Kopf? Würde mich interessieren :3.
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