Wald von Yakushima

Bestimmt haben viele von Euch schon tausende Bilder von Tokyo, Oosaka oder auch Kyoto gesehen und sich gedacht „Ja, das ist Japan!“. Aber dieses Land besteht nicht zu 100 Prozent aus Einkaufsparadisen, Maid-Cafes und ähnliches Reizüberflutungsfabriken.

Im Rahmen meines Japankulturunterrichtes der Universität Kagoshima hatten wir die einmalige Gelegenheit *kostenlos* für zwei Tage zu verreisen. Das Ziel wurde allerdings erst kurz vor Abreise bekannt gegeben. Und wohin ging nun die Reise? Nach Yakushima.

Yakushima ist eine der beiden großen Inseln, die ihr, wenn ihr bei Google Maps direkt unterhalb von Kagoshima im Süden Japans sucht, finden könnt. Mit dem Speedboot ging es am Donnerstag Morgen um 9:00 Uhr Ortszeit vom Hafen aus nach Yakushima. Die Fahrt dauerte etwas weniger als zwei Stunden und war, trotz seichten Wellengangs, sehr anstrengend.

Zu erst wurde unsere Gruppe leicht seekranker Austauschstudenten mit dem Bus des Austauschzentrums von Yakushima zur Unterkunft gebracht. Der Weg dorthin sollte nur ein kleiner Vorgeschmack auf das sein, was die nächsten gut 40 Stunden noch vor uns liegen sollte: Kurzen, keine Straßen, Kurven, Kurven und noch mals Kurven. Da hatte der Magen nichts zu lachen…

Nach dem Mittagessen und kurzer Verschnaufpause im Austauschzentrum ging es mit dem Bus zur ersten Runde Sightseeing. Der jährliche Niederschlag beträgt auf Yakushima, laut der netten Dame aus dem Austrauschzentrum, 4000 mm, in den Bergen sogar 10.000 mm. Zudem ist die Luftfeuchtigkeit hoch und der Sauerstoffgehalt verhältnismäßig niedrig, so dass viele nach kurzer Zeit leichte Kopfschmerzen bekamen.

Wenn Yakushima eines hat, dass sind es Bäume und Wasserfälle. Als erstes ging es nämlich zum Senpiro – Wasserfall:

Den Ausblick konnten wir allerdings nicht wirklich lange genießen. Wer einmal in den „Genuß“ kommen sollte mit einer asiatischen Reisegruppe die Runde zu machen, sollte sich auf ein anständiges Fittnessprogramm gefasst machen. Man verweilt nie lange an einem Ort, es muss immer schnell, schnell zum nächsten gefahren. Man hat ja heute doch keine Zeit…

Als nächstes ging es zu einem Ebbe-Flut-Onsen. Onsen sind, wie ihr vielleicht wisst wie Sento (also Badehäuser), nur dass die Hitze von einer natürlichen Quelle kommt. Beim Sento wird die Hitze durch Strom o. ä. erzeugt.

Das Bad kann man übrigens nur bei Ebbe betreten. Man wirft am Anfang des langen Steinweges 100 Yen in eine Holzbox. Viele der Einheimischen benutzen das Onsen aber nur als Fußbad.

Ach ja; und coole Opas mit lustigen Tüten gibt es auf Yakushima auch einige:

Auf dem Rückweg ging es zu dem größten Wasserfall der Insel.

Und zu einem 300 Jahre alten Baum (den ein paar Spaßvögel direkt erklimmen mussten…). Das Holz hat sich ähnlich wie Stein angefühlt, war aber trotzdem irgendwie warm. Anschließend ging es zurück zum Autauschzentrum.

Wer jetzt denkt, dass Austauschstudenten überall umsonst hingekarrt werden, der irrt. Ganz wie auf dem Viehmarkt ist es nicht, aber wer nicht aus Asien kommt, der wird hier gerne mal präsentiert und herumgezeigt. So auch in Yakushima. Am Abend hatten wir das Vergnügen ein paar Schüler der örtlichen Hightschool kennenzulernen und mit ihnen zu tanzen, zu essen und zu reden. Im Vorfeld hatten wir Präsentationen und Plakate gemacht, die dann zum Kontaktaufnehmen genutzt wurden. Diese Hightschool hatte 6 Vertreter ihrer insgesamt 80 kinderstraken Schülerschaft geschickt. Mehr als ein paar Worte haben wir allerdings nicht mit ihnen gewechselt. Man merkt schnell, dass sich viele Japaner außerhalb der Großstädte immer noch schwer tun mit der Kontaktaufnahme mit Ausländern. Zum größten Teil sind viele nicht interessiert oder aber zu sehr. Japan ist und bleibt halt ein Land der Extreme.

Viele haben bestimmt schon von den berühmtem Kloschlappen gehört. Deswegen habe ich ein anderes, kulturell sehr wertvolles Foto von unserer Checkliste gemacht. Bevor wir nämlich das Zimmer am nächsten Tag verlassen konnten, mussten wir erst mal die Fenster *rocken*:

Am nächsten Tag ging es gleich nach dem Frühstück mit gepackten Koffern im Bus zur zweiten Runde Sightseeing. Diesmal ging es in Regenjacke und Gummistiefel in die Tiefen des Nationalparks. 1993 wurde der Wald von Yakushima zum Weltkulturerbe erklärkt. Ghibli hat genau diesen Wald als Vorbild für den im Film „Mononoke Hime“ verwendet. Nachdem ich aus Yakushima zurückgekommen bin, hatte ich das starke Bedürfnis den Film zu gucken und einem möglichst zeitnahen Vergleich zu unterziehen. Was soll ich sagen? Die Jungs von Ghibli haben den Dreh einfach raus!

Es ist nur möglich auf den angelegten Wegen zu wandern. Es gibt verschiedene Routen von 50 Minuten bis 320 Minuten, die alle wieder zum Ausgang zurückführen. Aufgrund des engen Zeitplans war es uns leider nicht möglich bis zu der Stelle zu kommen, an der im Film Mononoke den verletzen Ashitaka auf die kleine Insel des Waldgottes bringt. Aber auch so war der kurze Ausflug in die Welt von Mononoke Hime die Strapazen des kurzenreichen Wegs wert (der Busfahrer hatte es irgendwie eilig, was die Fahrt sehr spannend gemacht hat. Berg – Straße – Abgrund, einen Bürgersteig sucht man da leider vergebens).

Na ja, genießt einfach die Bilder:

Das besondere an dem Wald ist nicht unbedingt, dass überall an jeder Ecke IRGENDETWAS wächst, sondern vielmehr das Wie und das Warum. Die Leiterin meiner Gruppe hat uns im Wald erklärt, dass es Yakushima vor einigen tausenden Jahren überhaupt nicht gab. Aber wie das ist, gab es einen Vulkanausbruch unter Wasser und die Lava, die dann auf der Wasseroberfläche abgekühlt ist, ist heute Yakushima. Dadurch ist der Boden natürlich sehr, sehr fruchtbar. Hinzu kommt die hohe Luftfeuchtigkeit, wodurch nicht nur auf dem Waldboden, sondern auch auf den Bäumen selbst, das Grüne seinen Weg findet:

Bei diesem Baum konnte man das Wiederverwertungssystems des Waldes gut erkennen: Selbst Bäume, die absterben (sei es aufgrund von Unwetter oder des mangelden Sonnenlichtes, weil der Wald sehr, sehr dicht bewachsen ist) dienen neuen Bäumen als Boden:

Ich möchte  noch einmal auf die Szene zurückzukommen, wo der schwerverletzte Ashitaka von Mononoke auf die Insel des Gottes gebracht wird. Mononoke lässt Ashitaka halb auf der Insel, halb im Wasser zurück, steckt aber, bevor sie zurück ans andere Ufer schwimmt, einen kleinen Ast überhalb Ashitakas Kopf in den Boden. Dies ist zurückzuführen auf eine Sitte der Bewohner von Yakushima, die bis vor einigen Jahren noch Bäume im Wald gefällt haben. Um sicher zu gehen, dass kein Gott in dem zu fällenden Baum wohnt, haben sie einen Ast in den Boden vor dem Baum gesteckt. War der Ast am nächsten Tag umgefallen, so gab der Gott sich zu erkennen. Steckte aber der Ast noch im Boden, so lebte kein Gott in dem Baum und das Holz durfte geschlagen werden.

Die zwei Tage sind wie im Flug vorübergegangen und trotz der Hektik fühle ich mich so entspannt wie nie. Für die Großstadtjunkies und auch die Abenteurer unter euch: Fahrt einmal rauf auf’s „Land“, seht euch Menschen an und erfahrt Gastfreundschaft kennen außerhalb der Tourismsuzentren und lernt Japan richtig kennen. Japan hat so viel mehr zu bieten als Maids in kurzen Röcken (oder nehmt sie einfach mit!!).

Andergraund: Dieser Artikel wurde von unserer lieben msdangerous geschrieben. Danke ^_^
Sie ist derzeit für ein Jahr in Japan auf der Uni. Wenn ihr mehr tolle Japanbilder und -berichte sehen wollt, so besucht doch ihren persönlichen Blog: Sakurajimamikan

Author Andergraund
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